Liebe wartet

Alles Gute braucht Zeit, um zu reifen. Auch die Liebe. In einer Gesellschaft, in der es immer nur um Sex geht, kann das schwierig sein. Kaum einer wagt noch von Keuschheit zu reden. Dabei steckt in diesem traditionellen Konzept ein Potenzial, das die Liebe ganz neu entdecken lassen kann.

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Enthaltsam bis zur Ehe?

Vielen klingt das wie ein Echo aus ferner Vergangenheit. Doch die Frage ist unter Christinnen und Christen bis heute nicht verstummt: Kann es gut sein, mit dem Sex bis zur Hochzeit zu warten? Ist das überhaupt möglich und was bringt es? Wir gehen der Frage humanwissenschaftlich und biblisch-theologisch nach und entdecken, dass es um mehr geht als um den richtigen Zeitpunkt, miteinander ins Bett zu gehen. Es geht um die Entscheidung, was Sexualität für mich ist, wie und mit wem ich sie leben will. Wir kommen den tiefen, geschichtlichen Wurzeln heutiger Denkweisen auf die Spur und erarbeiten Tipps, wie man der Liebe auch heute Zeiten und Räume geben kann, um sich gelingend zu entfalten.

Liebe und Ehe - gehört das noch zusammen?

Wann und wie Liebe beginnt, ist oft nicht klar zu erkennen – nicht für die Liebenden selbst und schon gar nicht für Außenstehende. Das konkrete Datum einer Eheschließung dagegen markiert einen für alle sichtbaren Einschnitt. Sie führt nicht nur zu neuen rechtlichen Verhältnissen im Blick auf Besitz und Erbfolge. In vielen Kulturen beginnt mit ihr auch das gemeinsame Leben der Partner und damit die Grundlage, Sex zu haben und Kinder zu bekommen. In unserer Gesellschaft sind diese Dinge längst auseinandergedriftet. Auch in Kirchen und Gemeinden steht die Leitbildfunktion der Ehe überhaupt in Frage. Die Gleichstellung anderer Formen des Lebens und Liebens ist teilweise bereits gesetzlich verankert. In diesem Kontext stellt sich die Frage nach vorehelichem Sex anders als früher. Schauen wir uns diesen Kontext zunächst etwas genauer an.

Alle meine Freunde haben  regelmäßig Sex mit irgendjemandem. Oder sie tun wenigstens so. Da kommt keiner auf die Idee zu heiraten. Hauptsache, man passt auf, dass das Mädchen nicht schwanger wird. Oder man sich irgendeine Krankheit holt. Aber da weiß ja jeder Bescheid.

Erik, 19

Ehe und Familie im 21. Jahrhundert

In Deutschland ist die Zahl der Eheschließungen in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich gesunken. Die einen feiern es als „sexuelle Revolution“, die anderen sehen einen apokalyptischen Sittenverfall. Klar ist: In Sachen Ehe hat es einen massiven Traditionsabbruch gegeben. Sie ist aber auch nicht einfach verschwunden. Seit 2007 steigt die Zahl der Eheschließungen wieder langsam an. Ähnlich sieht es mit der Zahl der Ehescheidungen aus: Nach einem jahrzehntelangen Anstieg war der Höhepunkt 2003 erreicht. Seitdem sinkt die Zahl wieder.

Chancen der Ehe

Diese Entwicklung geht also nicht ungebremst weiter, sondern scheint sich auf einem neuen Stand einzupegeln. Für mehr als die Hälfte der Menschen ist die Ehe weiterhin die beste Option, obwohl diese Haltung heute nicht mehr durch Konventionen gestützt wird! Die Ehe ist nicht am Ende. Aber wer heute heiratet, folgt nicht einer Selbstverständlichkeit, sondern trifft eine bewusste Entscheidung. Und dafür gibt es gute Gründe! Immerhin ist die Ehe seit Jahrtausenden das dominierende Modell des Zusammenlebens. Steckt in diesem Konzept womöglich auch kulturelles Erfahrungswissen, das man nicht ohne Verlust ignorieren kann?

Ich habe eine Menge gute Freunde und finde manche Jungs echt nett. Aber meine Sexualität möchte ich eigentlich gern für die eine große Liebe aufheben. Bloß gibt es das wirklich? Und wie bekomme ich das hin?

Anneke, 17

Zwei Konzepte von Sexualität

Die Sexualität an die Ehe zu binden, gilt gegenwärtig als rückständig. Als modern erscheint, unabhängig von einer festen Bindung und ggf. auch mit verschiedenen Partnern Sex zu haben. Kulturgeschichtlich gesehen ist dieser Fortschrittsgedanke ein Irrtum. Die Ehe ohne Trauschein ist älter als das Kolosseum in Rom. Seit Jahrtausenden wird Sexualität ganz verschieden wahrgenommen. Sie kann vom individuellen Lustgewinn her verstanden werden oder von ihrer Bedeutung für die Beziehung der Partner. Das jeweilige Konzept hat gravierende Folgen dafür, wie Sexualität gelebt wird.

Die Ehe im biblischen Zeugnis

Das biblische Zeugnis bettet die menschliche Sexualität in eine Beziehung ein, in der die Partner ausschließlich und auf Dauer füreinander da sind. Diese Beziehung wird öffentlich bekundet. So ist sie rechtssicher und für die Allgemeinheit transparent. Auf dieser Basis können auch Kinder in Liebe und Geborgenheit heranwachsen. Die Bibel will diese Beziehung und die darin lebenden Menschen vor Gefährdungen schützen. Dabei bezieht sie sich auf die kulturellen Formen, in denen man damals eine Ehe lebte. Solche Formen können sich aufgrund gesellschaftlicher Umbrüche wandeln. Aber auch in veränderten Formen können die biblischen Maßstäbe gelebt werden.

Ehe und Sexualität im Wandel der Geschichte

Unser Bild von der Ehe ist durch die christlich-bürgerliche Tradition der letzten 150 Jahre geprägt. Es enthält Elemente, die sich bereits in der Bibel finden, aber auch kulturelle Merkmale, die sich erst mit der Einführung der standesamtlichen Trauung 1875/76 herausgebildet haben. Wie Mann und Frau sich finden und miteinander leben, hat viel mit den Verhältnissen zu tun. Es lohnt, sich einmal einen Überblick über die Veränderungen zu verschaffen, die die Ehe durch die Jahrtausende erfahren hat. Und es hilft, besser zu verstehen, was unverzichtbar ist und was sich immer wieder ändern kann und muss.

Ein Kampf der Kulturen?

Nach vielen Jahrhunderten nur langsamer Veränderungen hat sich die beherrschende Wahrnehmung von Liebe und Sexualität schnell und radikal gewandelt. Dieser Wandel versteht sich selbst weithin als Befreiung von einer einengenden und überholten Moral. Tatsächlich hat sich die christliche Tradition mit einer unbefangenen und dankbaren Sicht der Sexualität oft schwer getan. Nun scheint das Pendel in die entgegengesetzte Richtung zu schwingen und anstatt unbegrenzter Freiheit entstehen neue Zwänge.

Was ist denn nun biblisch?

Ob und wie weit die Bibel Vorgaben zum Thema Ehe und Sex macht, darüber streiten sich nicht nur die Gelehrten. Manchen Sätzen in der Bibel merkt man an, dass sie aus einer anderen Kultur stammen. Aber hat sie deshalb gar keine Bedeutung mehr? Es gibt in der Bibel nicht nur zeitbedingte Aussagen. Wir entdecken in der Bibel Absichten, die Gott mit der Erschaffung des Menschen als Mann und Frau verbunden hat und die bis heute gültig sind. Wir fragen aber auch, was dieser Entwurf des Schöpfers für uns bedeutet. Geht es um eine Messlatte, die an unser Leben angelegt wird und nach der wir beurteilt werden? Oder geht es um eine Vision, die uns in Leben, Liebe und Sexualität leitet und motiviert?

Manche halten die Ehe für ein beengendes Korsett. Für uns ist sie das sichere Zuhause unserer Liebe. Natürlich haben wir am Anfang nicht gewusst, ob das wirklich hält. Aber unsere Liebe war uns das Wagnis einfach wert.

Maria und Adriano

Hat mir die Gemeinde eigentlich was zu sagen?

In sexualethischen Fragen wird immer wieder die Frage aufgeworfen, ob die Gemeinde nicht auf den Lebensstil ihrer Glieder achten muss. Ist das biblisch oder ist das eine unzulässige Einmischung in das Privatleben? Es ist bezeichnend, dass diese Frage fast nie bei anderen ethischen Themen aufkommt, wie etwa üble Nachrede oder Machtmissbrauch. Unabhängig davon muss die Gemeinde aber klären, ob und wie weit sie hier eine Verantwortung hat und wahrnimmt. Die Bibel geht selbstverständlich davon aus. Sie macht aber auch klare Vorgaben, wann welches Handeln angezeigt ist und welche Spielregeln dafür gelten müssen.

Den eigenen Weg gehen

Für eine Mehrheit in Deutschland ist die Ehe eine Option unter vielen. Besonders im Blick auf sexualethische Lebensentwürfe reagiert unsere Gesellschaft empfindlich auf Kritik an der Lebensweise anderer. Tatsächlich ist ein Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Überzeugungen ohne Toleranz nicht möglich. Toleranz ist aber keine Einbahnstraße. Menschen müssen unbescholten an traditionellen Werten festhalten dürfen, wenn sie diese für lebensdienlich halten und friedlich vertreten. Auch wer selbst von der Fortschrittlichkeit seiner Sexualethik überzeugt ist, hat kein Recht, andere zu bekämpfen oder lächerlich zu machen.

Den Weg zur Ehe gestalten

Es gibt also gute Gründe, dass Liebe wartet. Aber wie geht das praktisch? Von außen wie von innen steht dem doch Einiges entgegen! Sich einfach nur bis zur Hochzeitsnacht jeden Sex zu verbieten kann schnell zum Krampf werden. Es geht um langfristige Entscheidungen, um einen bewussten Umgang mit der eigenen Sexualität und um eine ehrliche Kommunikation zwischen liebenden Partnern. Es geht nicht um Perfektion, sondern es geht darum, dass Partner sich und ihre Liebe so ernst nehmen, dass sie ihr die bestmögliche Grundlage geben. Und dass sie in diesem Bestreben nicht allein sind.

Liebe braucht Verbündete

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